Von der Kinderverwahranstalt zum
(zertifizierten) Bewegungskindergarten
Auf Mengede:InTakt! gibt es eine Serie, in der die Kindertagesstätten in unserem Stadtbezirk vorgestellt werden.
Nach dem Bericht über die KITA Breisenbachstraße (Frauenpower in der KITA Breisenbachstraße vom 23.9.2015) stellen wir heute den Evangelischen Kindergarten „Kinderarche“ in der Noah Gemeinde, Ortsteil Nette vor.
Bereits im Jahr 1927 eröffnete die Evangelische Kirchengemeinde in Dortmund-Nette ihre sogenannte „Evangelische Kinderverwahranstalt“. Seinerzeit wurden in einem angemieteten Zechenhaus in der Waterloostraße 3 fünfzig Jungen und Mädchen von zwei Diakonissen betreut.
Die Räumlichkeiten bestanden aus einem großen Gruppenraum, in dem für die kalte Jahreszeit ein Kohleofen bereit stand, einer angrenzenden Milchküche und einem Garderobenraum, wo sich gleichzeitig auch die Sanitäranlagen in Form eines großen runden Handwaschbrunnens und zweier Toiletten befanden. Der Handwaschbrunnen ist noch im Original erhalten und ziert heute noch die Außenanlagen der Kinderarche.
In den 50ger Jahren wurde mit der Umbenennung der „Ev. Kinderverwahranstalt“ in den „Ev. Kindergarten“ deutlich, dass nun ein qualitativ wertvollerer Anspruch an die pädagogische Arbeit mit den Kindern gefordert wurde.
Aufgrund von Auflagen, die unbedingte bauliche Veränderungen für Kindertagesstätten vorschrieben – und der zeitgleich enorm ansteigenden Anzahl von Anmeldungen, begründet durch die Entstehung der BURIAD Siedlung – entschloss sich das damalige Presbyterium, ein eigenes und größeres Kindergartengebäude in der Karl-Schurz-Straße entstehen zu lassen.
Im August 1979 wurde der neu erbaute dreigruppige Ev. Kindergarten in der Karl-Schurz-Straße- in direkter Nachbarschaft zur Schopenhauer Grundschule – eröffnet.
Im Zuge des Zusammenschlusses der Ev. Kirchengemeinden unseres Stadtbezirks zur Ev. Noah Kirchengemeinde Dortmund erhielt der Kindergarten den Namen „Ev. Kinderarche“ Nette. Die Bezeichnung Kinderarche soll unter anderem zum Ausdruck bringen, dass es sich um einen multikulturellen Kindergarten handelt. Mädchen und Jungen finden in diesem Haus die Geborgenheit und den Schutz, den ein Aufenthalt in einer Arche verspricht. Nach Noahs Vorbild werden die Mädchen und Jungen vom Kindergartenbeginn bis zur Einschulung durch den Alltag begleitet, um sie letztendlich sicher zum Einschulungsziel zu bringen.
75 Mädchen und Jungen – alle über 3 Jahre – aus ca. 15 Nationen spielen, lernen und leben in der Zeit von 7:00 Uhr bis 14:00 Uhr täglich in drei Gruppen in der Kinderarche. Je drei Gruppenräume mit jeweils einem Nebenraum sowie die Halle und der Bewegungsraum bieten reichlich Platz für ausgiebiges Spielen und Lernen. Kein Wunder, dass es eine lange Warteliste mit Kindern gibt, die leider keinen freien Platz erhalten konnten. Die Warteliste zeugt von der enormen Strahlkraft, die von dieser Kita ausgeht.
Flüchtlingskinder aufgenommen
Auch die allgegenwärtige Flüchtlingsproblematik erreichte die Kinderarche bereits vor einigen Monaten. So wurden zwei Flüchtlingskinder im Vorschulalter zusätzlich in der Arche aufgenommen und dort bis zur Einschulung betreut. Das war eine besondere Herausforderung für die Erzieherinnen, die sie jedoch gern gemeistert haben.
9 Erzieherinnen – nicht alle in Vollzeit – betreuen die Kinder entweder 25 oder 35 Stunden pro Woche.
Besonders erwähnenswert: zwei von ihnen sind zusätzliches Personal. In Zeiten des allgegenwärtigen Sparzwangs in öffentlichen Einrichtungen – wofür? Zum einen entstammen ca. 70 Prozent der Kinder in der Arche Nette aus sogenannten bildungsfernen Schichten, was einen erhöhten Aufwand sowohl mit den Kindern als auch mit deren Eltern erfordert. Gerade hier wirken sich die Sprachbarrieren besonders stark aus. Die Kultur, die Lebensart und die Sitten der Herkunftsländer nur in Ansätzen zu verstehen, ist eine große Herausforderung.
Aber das ist noch nicht alles: Die Kinderarche betreut in ihren Reihen auch behinderte Kinder oder Kinder, die von Behinderung bedroht sind – Stichwort Inklusion – zu deutsch Zugehörigkeit. Sie leistet damit einen Beitrag zur Zugehörigkeit, wo jedes Kind – mit oder ohne Behinderung –überall dabei sein kann, ob im Kindergarten, in der Schule oder in der Freizeit.
Die Mehrheit der Kinder entstammt bildungsfernen und armen Familien. Deshalb wurde der Kinderarche eine zusätzliche Kraft zugeteilt, die auch die Eltern in Bildungsfragen ihrer Kinder unterstützt. So hat die Kinderarche in Kooperation mit der Schopenhauer Grundschule und dem Familienbüro Mengede einen Deutschkurs initiiert, der von ehrenamtlichen Bürger/innen durchgeführt wird – für Mütter und Väter! Unterschiedliche Wertvorstellungen, Kulturen und Religionen führen dazu, dass der Deutschkurs vormittags für die Frauen in der Schopenhauer Schule und nachmittags für die Männer in der Kinderarche durchgeführt wird.
Tageseinrichtungen mit einem hohen Anteil von Kindern mit besonderem Unterstützungsbedarf des Bildungsprozesses, der Förderung des Wohn- und Lebensumfeldes, dem niedrigschwelligen Einbezug der Familien dürfen nach dem Kinderbildungsgesetz (KiBiz) die Bezeichnung plusKita führen.
Da diese Rahmenbedingungen auf die Kinderarche Nette zutreffen, trägt auch sie die Bezeichnung plusKita.
Der Bewegungskindergarten
Der Kinderarche Nette wurde das Zertifikat „anerkannter Bewegungskindergarten“ verliehen.
Das Zertifikat bekommt man natürlich nicht geschenkt, denn hierzu sind einige Voraussetzungen zu erfüllen:
„Fünf Kolleginnen von uns haben eine 80-stündige Fortbildung beim Stadtsportbund Dortmund durchgeführt, die sechste ist Anfang November mit der Fortbildung auch fertig“, berichtet Andrea Leibner, die seit Januar 2014 die Kinderarche leitet.
Neben der erforderlichen Kooperation mit einem ansässigen Sportverein – in diesem Fall mit dem Turn- und Sportzentrum Nette e.V. – ist dies ein entscheidendes Kriterium zur Erlangung des Zertifikats.
Die kompletten Kriterien zur Erlangung des Zertifikats „Bewegungskindergarten“ finden Sie unter:
https://www.ssb-do.de/startseite/projekte/bewegungskindergarten
Doch wo können sich denn die Kinder austoben und den Begriff „Bewegungskindergarten“ mit Leben füllen? Ein Blick auf die Außenanlagen schafft Klarheit. Mengede:InTakt! konnte sich einen Eindruck davon verschaffen.
Großzügige Spielplätze, die die Kinderherzen höher schlagen lassen. Klettergerüste, Rutschbahnen, Sandkasten, Ballspielplätze – da ist für jedes Kind eine Attraktion und reichlich Abwechslung dabei. Aber auch im gesamten Innenbereich, in Gruppen- und Nebenräumen, in den Garderoben, in der Halle und natürlich im Bewegungsraum haben Kinder jederzeit die Möglichkeit, sich frei oder angeleitet zu bewegen.
Damit war klar – der Verleihung des Zertifikats stand nichts mehr im Wege. Der Kinderarche wurde im Mai 2015 vom Familienministerium des Landes NRW das Zertifikat „Bewegungskindergarten“ verliehen. Das wurde natürlich gebührend gefeiert.