Nordwärts zu den Lofoten (3/4)

Von Mengede per Fahrrad zu den Lofoten und zurück

Heute: Zurück gen Südenradtour karte Kopie!

Die Fortsetzung meiner Radreise startete, wie ich sie mir gewünscht hatte. Die Sonne schien und das Thermometer zeigte knapp über 10° an – ein nordnorwegischer Sommertag. Durch eine Erkältung war ich zwar noch etwas gerädert, aber ich war nun wieder voller Tatendrang und machte mich auf, die Weite der arktischen Landschaft – der Finnmark – per Rad zu entdecken. Mein Ziel hieß nun Rovaniemi am Polarkreis in Nordfinnland, von wo aus ich mit einem Nachtzug nach Helsinki fahren wollte.

Die Landschaft bis dorthin beeindruckte mich zutiefst. Nach 2 Tagen im Sattel erschienen die ersten größeren Bäume am Straßenrand (wir würden diese in Mitteleuropa vermutlich noch als Büsche bezeichnen). Dies bestätigte mein Gefühl und den Fakt, dass ich immer weiter Richtung Süden kam. Hier traf ich auch Karl-Heinz aus Porta Westfalica, der zu seinem ???? Geburtstag am Nordkapp sein wollte – per Rad. Die vorletzte Nacht meiner Radreise, einige Wochen später, verbrachte ich übrigens in seinem westfälischem Eigenheim.lofoten 3.1

In der letzten norwegischen Stadt auf meiner Route, Karasjok, verspeiste ich in der örtlichen Imbissbude noch einen schmackhaften Rentierkebab (ja, richtig gelesen) und wunderte mich über zweisprachige Straßenschilder, die im Winter den Schneemobil-Verkehr regeln sollten. Zweisprachig daher, weil Karasjok oder Kárásjohka, den kulturellen sowie politischen Mittelpunkt der nordoeuropäischen indigenen Urbevölkerung, der Samen, früher genannt Lappen, darstellt. Die Grenze zu Finnland passierte ich in tiefster Nacht,

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Grenzfluss zwischen Norwegen und Finnland

gegen 1 Uhr bei strahlendem Mitternachts-Sonnenschein. Dabei lief aus meinem kleinen Radio Tangomusik. Eine skurrile Situation. Willkommen in Finnland, einem Land zu dem das Wort skurril, wie ich finde, sehr gut passt.

Am zweiten Radtag in Finnland wurde mir klar, dass die Fahrt bis Rovaniemi sehr eintönig wird. Zu diesem Zeitpunkt waren es noch circa 400km bis dorthin. Kaum hatte ich diesen Gedanken zu Ende gedacht, kam Simon aus der Pfalz daher gefahren. Er war ungefähr in meinem Alter, hatte schon einige spannende Reisen hinter sich und das vorerst gleiche Ziel wie ich. So fuhren wir 3 Tage zusammen durch die Weite Nordfinnlands und hatten eine gute Zeit zusammen. Hier war übrigens der Zeitpunkt gekommen, an dem ich meine rosarote Skandinavienbrille absetzte.

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Finnland – mitten in der Nacht

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Abwechslung in Finnland: Ein See taucht zwischen den Bäumen auf.

Wenn ich von unzähligen Bäume entlang der Straße schreiben würde, wäre dies eine maßlose Untertreibung. Außer ein paar Rentieren, Ortschaften ungefähr alle 50 Kilometer, einigen Seen und , wie gesagt, Bäumen, war nicht viel zu sehen. So war ich doch recht froh, Rovaniemi zu erreichen. Aber natürlich erst, nachdem ich den Weihnachtsmann (ein kapitalistischer Hardliner, wie ich herausfinden musste) besucht hatte, der seinen etwas kommerziellen und überlaufenen  Wohnsitz direkt am Polarkreis in der Nähe der Stadt hat.lofoten 3.6

Die Nacht im Zug nach Helsinki war wegen der Gesellschaft zweier Schweizer und dem (sündhaft teuren) Bier im Restaurant des Zuges recht kurz. Meine Lust auf einen Stadtbummel samt Gepäck in Helsinki am Morgen hielt sich in Grenzen, und so machte ich mich direkt auf den Weg zur Fähre nach Tallinn, die stark davon geprägt war, dass Alkohol in Finnland fast das doppelte von estischem kostet. Um 11 Uhr morgens herrschte hier schon eine bizarre Partyatmosphäre und das ein oder andere alkoholische Getränk wurde unter lautstarkem Stimmenwirrwarr verzehrt. Ich machte es mir unter einer Treppe bequem und schlief erstmal.

Ankunft in Estland gegen Mittag. In mir machte sich ein schwer beschreibbares Gefühl breit. Ich war erstmal konfus, weil hier alles so groß und laut war. Zudem war es sehr warm. Um die 18°. Darauf wusste ich gar nicht zu reagieren. Und alles sah so „mitteleuropäisch“ aus, aber irgendwie auch nicht. Dieser Hauch Sowjet-Erbe war unverkennbar, und die nächsten 4 Tage, die ich noch in einem Hostel in Tallinn verbrachte, waren geprägt von dieser Stimmung. Der Schritt war einfach viel zu groß gewesen. Über tausend Kilometer, zurückgelegt in nichtmal 24 Stunden. Dazu eine Fahrt über die Ostsee in ein Land des ehmaligen Ostblocks. Das musste erstmal verarbeitet werden nach meiner Entdeckung und Liebgewinnung der Langsamkeit.lofoten 3.5

An dieser Stelle erscheint es mir sinnvoll, nochmal einen Schnitt zu machen und von den weiteren Kilometern Richtung Heimat in einem vierten und letzten Teil zu berichten.

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