Olaf Scholz impft die SPD – Eine Kolumne von Peter Grohmann

Olaf Scholz impft die SPD

Von Peter Grohmann

Das hat es in der SPD seit Martin Luther und Otto Grotewohl nicht gegeben. Scholz schaffte, was kein Genosse vor ihm vollbracht hatte: 99 Prozent Zustimmung zum Ruck, zum Wumms. Der Hallodri Willy Brandt meinte mal schenkelschlagend: „Wenn jemand bei ’ner Wahl auf mehr als 95 Prozent kommt, wirft das Fragen auf.“ In ihren besten Zeiten kam die SED maximal auf 97,7 Prozent – aber das war unter den Kommunisten, wo es die Genossen natürlich immer besonders schwer hatten.

Das erinnert mich an meine Omi Glimbzsch in Zittau. „Im Konsum gibt’s wieder Bratwürschtel!“, rief sie am 6. Dezember 1951. Den Nikolaustag verbrachten wir meist mit dem Absingen antifaschistischer Lieder bei den Jungen Pionieren, aber so eine Nachricht sprengt jede Versammlung! Das wär‘ exakt wie heute, wenn es hieße: „Es ist wieder Biontech da.“ Selbst beim Spiel Hamburger SV gegen Bayern München wäre das Volksparkstadion ratzfatz leer, um die nächste Impfe zu stürmen.

Sie sehen, die DDR geht mir nicht aus dem Sinn – genau wie die guten Thüringer Würschtel, heute höcke-braun-gebrannt: Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral! Mal so gesagt: Eine volkseigene Kuh in der LPG Ernst Thälmann gab vor 70 Jahren 12 bis 15 Liter Milch pro Tag. Kapitalistische Rindviecher liefern heute das Doppelte, andernfalls werden sie kaltgestellt oder zu Rindsbratwürschteln verarbeitet. Die Rasse Deutsche Holstein Schwarzbunt gehört dabei zu den beliebtesten bei den Großagrariern.

Aber jetzt eine gute Nachricht: Die Waffenkäufe wachsen weltweit – die Ostfront lockt das Kapital. Insider sagen sogar eine Kriegsweihnacht voraus – diesmal freilich nur im engen Kreis der Liebsten. Und die Friedensgala am 19.12. fällt auch aus. Für die Ampel stellt sich dann die Frage: Solle mer se durchlasse, also Grün geben à la Kosovo für die Truppen? Obwohl die Weltwirtschaft 2020 aufgrund der Corona-Pandemie geschrumpft ist, notieren die Hundert größten Kriegswaffenschmieden nämlich weiter arbeitsplatzsichernde wachsende Umsätze. Spitzenreiter bleiben US-Konzerne, die deutschen Rüstungsunternehmen hinken mit läppischen 7,8 Milliarden Euro hinterher – ein Rülpser mehr als 2019.

Nochmal zurück zu den Milchkühen. Der Milchmädchenrechner Ferdl Dudenhöfer meinte mit Blick auf Auto, Ampel und Auspuff, wenn alles gut werden soll mit dem Klima, brauchen wir wieder Atomkraft, ja bitte. Gut heißt: So wie’s im Koalitionsvertrag steht – kein Trabant, sondern die neue E-Klasse von Mercedes: „Athletisch bis ins Innerste – dynamisch, elegant und luxuriös wie niemals zuvor.“ (Originalzitat 8.12.2021). Die Tragik dabei: „Die künstliche Intelligenz bei Bedienung, Navigation und Komfortfunktionen passt sich dem Fahrer an“.

Peter Grohmann * ist Kabarettist und Koordinator der AnStifter. Wir danken ihm für die Zustimmung zum Abdruck dieser Kolumne.
* peter-grohmann@die-anstifter.de