Rückblick auf die Konzert-Veranstaltung in der evangelischen St. Remigius Kirche
am vergangenen Sonntag
Von Diethelm Textoris
So voll war die gute alte evangelische Remigiuskirche in Mengede schon lange nicht mehr. Nahezu alle Plätze im Innenraum des Gotteshauses waren besetzt. Knapp 250 Personen hatten im Hauptschiff und den Seitenschiffen Platz genommen und warteten in der dezent von Henning Quellenberg geschmückten beleuchteten Kirche auf den Konzertbeginn.
Auf dem Programm standen Klassiker der Rock- und Popmusik, mit denen Hans-Ulrich Peuser als Organist dem Publikum beim Orgelspiel ein neues Klanggefühl vermitteln wollte. Das Besondere daran: nahezu alle Stücke spielte er ohne Notenvorlage, spontan nach seinen eigenen Arrangement-Vorstellungen, die er oft erst während des Spiels entwickelt.
Zum Auftakt erklang „Morning has broken“, sicherlich ungewöhnlich für ein abendliches Konzert. Doch es sollte richtungsweisend sein. Zum einen ist der Titel Peusers Erkennungsmelodie, die er auf vielen Feiern, Geburtstagen, Hochzeiten aber auch Beerdigungen oft gespielt hat. Zum anderen drückt das Lied auch einen Aufbruch aus, denn mit Rockmusik auf der Kirchorgel von St. Remigius wurde musikalisches Neuland betreten. Dann bildet dieses Lied noch so etwas wie eine Brücke zwischen populärer und sakraler Musik. Der Interpret Cat Stevens trat nach einem Nahtoderlebnis zum Islam über, nannte sich fortan Yussuf und versucht heute, seine beiden inneren Strömungen zu einer Einheit zusammen zu führen.
Auch das zweite Lied brachte zu seiner Zeit so etwas wie einen Aufbruch, ausgehend von Amerika auf Europa und die übrige Welt übergehend. Das war „Rock around the clock“ von Bill Haley. Es wurde zur Marseillaise der Teenager, die damals abwertend als Halbstarke bezeichnet wurde. Der Rock’n‘ Roll war der Auslöser der Jugendproteste, das Ventil zur Befreiung vom Mief der Welt ihrer Eltern und Großeltern. Dem Organisten gelang es, die Gitarrenriffs in wohlklingende Licks auf der Orgel umzusetzen, ohne dass die rhythmische Wirkung verloren ging und ohne dass die Anwesenden angestachelt durch die Musik begannen, die Kirche zu demolieren, wie es die Jugendlichen damals mit dem ehrwürdigen Dortmunder Capitol Kino getan hatten.
Da eine Kirche ein besonders geeigneter Ort für Versöhnung ist, wurden mit dem folgenden Medley Fans der Beatles und der Rolling Stones zu einer friedlichen Koexistenz aufgefordert. Dabei verwob der Organist deren Titel wie „Hey Jude“ und „As tears go by“ zu einem musikalischen Teppich als eine Einheit ohne Dissonanzen. Danach wurde mit „Sailing“ von Rod Stewart der Weg in den Heimathafen aber auch im übertragenen Sinne das Ankommen bei sich selbst beschrieben. Dass auch in der Pop-Musik romantische Gefühle und schmalzige Gefühlsausbrüche ihren Platz haben, wurde mit dem Titel „Blueberry Hill“ verdeutlicht, unvergessen mit der Version von Fats Domino im Ohr vieler der Zuhörenden und doch ganz anders, aber mit gleicher Intensität, im Orgelklang ausgedrückt.
Immer wieder lernte das Publikum alte Bekannte im neuen Outfit der Orgelversion kennen: „Another brick in the Wall“, „Smoke on the water“ und „Breakfast in America“, um nur einige von ihnen zu nennen. Im Laufe des Abends zeigte sich mehr und mehr, wie gut Rock und Popsongs in eine Kirche passen. Enthalten viele von ihnen doch Botschaften. Botschaften wie den Traum vom Frieden, Aufforderung zu Toleranz und friedlichem Miteinander, Kampf gegen Hunger und Ungerechtigkeit in der Welt. Beispiele hierfür: „We are the World“ oder „Somewhere over the rainbow“. Erschreckend das ausgemalte Endzeitszenario in “Eve of destruction”. Traurig stimmend das Lied “Wind of Change”, das die Hoffnung auf das Ende des Kalten Krieges ausdrückte und inzwischen durch den heißen Krieg in der Ukraine desillusionierende Resignation auslöst.
Doch dann schimmerten wieder Hoffnung und Optimismus durch, mit der Aufforderung von „What a wonderful world“, sich an den intakten Dingen und oft kleinen Dingen des Lebens zu erfreuen und alles zu tun, dass die Welt wundervoll bleibt bzw. wird. Zum Schluss erklang „Thank you for the music“ als Dank an Künstler und Komponisten, die uns so tolle Lieder geschenkt haben. Der laustarke Applaus mit Standing Ovations zeigte aber auch, dass mit dieser Veranstaltung der Nerv des Publikums getroffen worden war. Positive Resonanzen gingen noch den ganzen Abend und auch am nächsten Tag ein. „Es war eine gelungene Veranstaltung, die nach Wiederholung ruft. Wir waren schwer angetan und beeindruckt, wie der Organist auf der Königin der Instrumente Popmusik eindrucksvoll in den Raum gezaubert hat, wobei Winds of Change bei mir Gänsehaut erzeugte.“ Aber auch der Moderator wurde gelobt. „Hallo Diethelm, auch deine Moderation war super und großartig erklärend“, schrieben Ingrid und Jürgen Küster.
Und dem Moderator und Mitauswähler der Titel bleibt jetzt nur noch, zum Schluss Martin Luther zu zitieren. Der hat zu seiner Zeit bereits die Menschen aufgefordert, neben der sakralen Musik auch die populäre zu würdigen. Er fragte nämlich: „Warum soll nur der Teufel all die schönen Melodien für sich beanspruchen? Auch wir wollen uns an ihnen erfreuen.“