Wir können nicht alle aufnehmen!
Von Peter Grohmann
Wir können nicht alle aufnehmen – ganz meine Meinung! Bei den Alten- und Pflegeheimen warten mehr als 125 000 auf Aufnahme. OK, sagen Sie, die Alten haben ja gelernt, geduldig zu sein, aber die Kinder? Bertelsmann behauptet frech, dieses Jahr würden 384 000 auf Aufnahme warten. Aber wie lange noch? Heute sind sie noch hier, morgen könnten sie abwandern!
2022 waren es nur 266 000 – und alle haben ein verbrieftes Klagerecht. Doch die Richter fehlen, tausende und abertausende Stellen unbesetzt! Recht im Ruhestand? Mein Gott, was ist bloss aus Deutschland geworden!
Was die Kinder angeht: Es ist erfreulich, es werden jedes Jahr mehr. Sie wollen ja vor allem einmal unsere Renten zahlen. Dennoch ärgern sich Leute, werden krank an Leib und Seele. Aber kein Krankenhaus kann alle aufnehmen! Heute ist doch oft nicht mal die Feuerwehr rechtzeitig zu Stelle, wenn’s wo brennt. Es fehlt an Brandmeldern, Bademeistern, Bestattern, an MusiklehrerInnen, Müllmännern, Mathematikern, Laienpredigern, LokomotivführerInnen. Die Bahn würde sogar Russen nehmen, sagte mir Bahnchef Lutz.
Ganz schlimm steht es vor allem in Bayern und Hessen um Schweine und Rindviecher: Viele warten vor den Toren der Schlachthäuser vergeblich auf fachkundige Metzger. Der Beruf – von altersher angesehen und honorabel – kommt in Verruf. Zu blutig, zu fettig, die Schweinehälften zu schwer, das geht auf die Knochen „und angemotzt wirste auch andauend von die Veeganer“, meint meine Omi Glimbzsch aus Zittau.
Und jetzt sagt sogar Recep Tayyip Erdoğan, sie könnten nicht alle aufnehmen, obwohl er von uns und aus der Ukraine massenweise Kohle kriegt. Orban, der alte Charmeur und Bankrotteur, stimmt umgehend zu: „Wir brauchen eine Mauer, größer und dichter als Eure von damals“ (zitiert frei nach Grohmann). Nur Vaterlandsverräter wie Adolf Höcke wagen da noch das mutige Wort von der Mauer, die her muss. Zu allem Glück fällt selbst die künftige Präsidentin Frankreichs der deutschen Erzfeindin von der Leyen und damit uns allen in den Rücken: „Dieu sait qu’on ne peut pas accueillir tout le monde !“
Ehrlich gesagt: Es geht um sieben Millionen! Sieben Millionen, die morgen oder übermorgen fehlen, ach was, heute! Fensterbauer, ProgrammiererInnen, Securitys im Feinkosthandel, Schreibkräfte beim Ausländeramt, Softwareentwickler, Journalisten für Volksfeste und Fernreisen …
„Wir haben uns Großes vorgenommen“, sagt die Bundesregierung, und das Mädchen aus Afghanistan kann bereits zu Schulbeginn in Obrigheim (Sie wissen schon!) vor ganzen Klasse ein Gedicht im reinsten Schwie äbisch vortragen: „Dr Schilla ond dr Hegl, dr Uhland ond dr Hauff, dui send bei ons d‘ Regel, die fallet gar net auf.“
Peter Grohmann * ist Kabarettist und Koordinator der AnStifter. Wir danken ihm für die Zustimmung zum Abdruck dieser Kolumne.
* peter-grohmann@die-anstifter.de