Frauenpower im Stadtbezirk

Heute:

Ein Interview mit Gabriele Jürgens

Einrichtungsleitung des Seniorenparks Mengede

Gabriele Jürgens ist eine waschechte Mengederin, denn sie ist hier geboren und aufgewachsen. Zur Schule gegangen ist sie in Nette. Bis heute ist sie ihrem Heimatort treu geblieben, denn sie ist tief verwurzelt mit dem Stadtbezirk, setzt sich mit Leidenschaft für Mengede ein und engagiert sich vielseitig vor Ort.

Blumen für das neue Leitungsteam von SHDO-Geschäftsführerin Elisabeth Disteldorf (links)

Als Einrichtungsleitung des Seniorenparks Mengede ist sie die treibende Kraft hinter der Quartiersarbeit und sorgt aktiv für eine Vernetzung der Generationen. Zudem ist sie ehrenamtlich im Heimatverein und in der ev. Noah-Gemeinde tätig.
Die Entscheidung, im Bereich der Pflege tätig zu werden, wurde von ihrer persönlichen Situation beeinflusst. Als alleinerziehende Mutter hat sie ihre eigene Mutter zuhause gepflegt. Diese Erfahrung war ausschlaggebend dafür, dass sie sich dazu entschied, Menschen auf ihrem letzten Weg begleiten zu wollen. Zuvor war sie in einem ganz anderen Bereich tätig – und zwar als Schaustellerin auf der Kirmes. (G.G.)

Gabriele Goßmann

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Das Interview mit Gabriele Jürgens hat *Gabriele Goßmann geführt.

Als Einrichtungsleitungsleitung tragen Sie eine große Verantwortung für die Betreuung der SeniorInnen und haben zugleich eine Vorbildfunktion für Ihr Team. Welche Eigenschaften oder Werte halten Sie für besonders wichtig in Ihrer Rolle?

Als Einrichtungsleitung bin ich in erster Linie für die wirtschaftlichen Aspekte zuständig – dazu gehören beispielsweise die Akquise und die Aufteilung der Personalschlüssel für die vollstationäre Pflege sowie Tagespflege. Von entscheidender Bedeutung sind daher eine ausgeprägte organisatorische Kompetenz und ein wirtschaftliches Verständnis. Es obliegt meiner Verantwortung, sicherzustellen, dass die Strukturen effizient sind und sich das Gesamtkonzept wirtschaftlich trägt. Doch gleichzeitig steht für uns der BewohnerInnen an erster Stelle. In meiner Funktion als Einrichtungsleitung stehen die Fürsorge und das Wohl der SeniorInnen im Mittelpunkt.

Pflegekräfte leisten oft schwierige und anspruchsvolle Arbeit. Wie unterstützen Sie Ihr Team dabei, die bestmögliche Pflege zu bieten?

Ich unterstütze mein Team dabei, indem ich immer ein offenes Ohr für beide – sowohl für die MitarbeiterInnen als auch für die BewohnerInnen – habe. Die Wertschätzung meiner MitarbeiterInnen liegt mir sehr am Herzen. Die Zufriedenheit und das Wohlbefinden sind von entscheidender Bedeutung, da sie die Grundlage für eine qualitativ hochwertige Betreuung bilden. Es ist mein Ziel, ein Umfeld zu schaffen, in dem sie gerne zur Arbeit kommen. Teamarbeit, Empathie und eine positive Arbeitsatmosphäre sind essenzielle Werte, die ich aktiv fördere.

Der Seniorenpark Mengede ist ein wichtiger Bestandteil unserer Gemeinschaft vor Ort. Was macht das Konzept des Seniorenheims einzigartig und wie trägt es zur Lebensqualität der BewohnerInnen bei?

Der Seniorenpark Mengede zeichnet sich vor allem durch Quartiersarbeit und das gemeinschaftliche Miteinander aus. Unser einzigartiges Konzept trägt maßgeblich zur Lebensqualität der BewohnerInnen bei, indem wir die verschiedensten Projekte umsetzen. Ein herausragendes Beispiel ist unser monatliches Nachbarschafts-Frühstück, bei dem nicht nur die BewohnerInnen, sondern auch SeniorInnen aus der umliegenden Gemeinschaft zusammenkommen. Dies schafft einen geselligen Ort des Austauschs und fördert die soziale Integration.

Des Weiteren haben wir das Café Mokka ins Leben gerufen, das eine weitere Anlaufstelle für Begegnungen und Geselligkeit bietet. Ein offener Mittagstisch mit einem erschwinglichen 3-Gänge-Menü rundet unser Angebot ab, um eine vielfältige und bezahlbare kulinarische Erfahrung für die Gäste aus der Umgebung zu gewährleisten. Durch diese vielfältigen Projekte streben wir danach, die Lebensqualität im Seniorenpark nachhaltig zu verbessern und eine lebendige Gemeinschaft zu schaffen.

Das soziale Leben und die Aktivitäten im Seniorenheim sind für die BewohnerInnen also von großer Bedeutung. Welche besonderen Aktivitäten werden im Seniorenpark angeboten, um die Lebensfreude der SeniorInnen zu fördern?

Es vergeht keine Woche, in der hier nichts passiert. In Zusammenarbeit mit dem Sozialdienst organisieren wir regelmäßig Feste, darunter das beliebte Sommerfest, das eine fröhliche Gemeinschaftsatmosphäre schafft.

Darüber hinaus bieten wir wöchentliches Boxen – ja, Boxen! – in der Tagespflege an, woran nicht nur die BewohnerInnen, sondern auch interessierte Gäste teilnehmen können. Um die Freude am Lesen zu fördern, haben wir Lesedamen, die regelmäßig vorlesen. Für körperlich und kognitiv eingeschränkte BewohnerInnen engagieren wir einen Therapieclown. Gottesdienste und ein Adventsmarkt sorgen für spirituelle und festliche Momente. Wir pflegen zudem wertvolle Kooperationen mit Kindergärten und Grundschulen, um Generationenbrücken zu bauen. Hierbei bringen unsere SeniorInnen den Kindern beispielsweise das Lesen bei.

Regelmäßige Spaziergänge und musikalische Veranstaltungen wie Chorsingen und Konzerte stärken ebenso die Gemeinschaft wie die Veranstaltung von Bingo-Nachmittagen. Unser Ziel ist es, ein lebendiges und abwechslungsreiches Programm anzubieten, das die Lebensfreude unserer SeniorInnen nachhaltig fördert.

Die Beziehung zwischen den BewohnerInnen und dem Pflegepersonal ist idealerweise von Vertrauen und Verbundenheit geprägt. Wie bauen Sie diese Beziehungen auf und erhalten sie aufrecht?

Kommunikation spielt dabei eine entscheidende Rolle. Durch einen offenen und respektvollen Austausch schaffen wir eine vertrauensvolle Atmosphäre, in der die Bedürfnisse und Wünsche der BewohnerInnen ernst genommen werden.

Ein feines Gespür für Nähe und Distanz ist ebenso von Bedeutung. Diese Balance zu wahren, erfordert ein hohes Maß an Empathie und Einfühlungsvermögen. Durch das Verständnis für die individuellen Bedürfnisse der BewohnerInnen können wir sicherstellen, dass sie sich sowohl physisch als auch emotional gut aufgehoben fühlen.

Können Sie uns von einem bewegenden oder berührenden Moment aus Ihrem Arbeitsalltag erzählen, der Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist? 

Es gibt eine Vielzahl an Situationen, die erzählenswert wären, doch ein besonders bewegender Moment, der mir aus meinem Arbeitsalltag im Gedächtnis geblieben ist, ereignete sich während unseres letzten Sommerfests, das unter dem Motto „Märchenwald“ stand. An diesem Tag hatte ich mich als Königin verkleidet. Eine unserer älteren Damen, die an Demenz leidet, kam auf mich zu und fragte höflich, ob sie ein Foto mit mir haben dürfte, denn sie habe noch kein Foto mit einer Königin.

Diese schlichte Bitte berührte mich zutiefst. In diesem Augenblick wurde mir klar, wie sehr solche kleinen Gesten und Momente einen positiven Einfluss auf das Wohlbefinden und die Lebensfreude der BewohnerInnen haben können. Es sind genau solche Augenblicke, in denen ich spüre, warum ich meine Arbeit mache.

Pflege kann oft emotional herausfordernd sein. Wie gehen Sie mit den emotionalen Aspekten Ihrer Arbeit um und sorgen gleichzeitig für Ihr eigenes Wohlbefinden?

Wir in der Pflege sind auch nur Menschen und bauen im Laufe der Zeit Beziehungen zu den BewohnerInnen auf. Um mit den emotionalen Aspekten umzugehen, gönnen wir uns gelegentlich kurze Auszeiten, beispielsweise bei einer kurzen Pause auf dem Balkon, bei frischer Luft. Dies ermöglicht uns, uns selbst wieder sammeln zu können.

Ein entscheidender Punkt für mich ist, die Probleme nicht mit nach Hause zu nehmen. Es ist mir wichtig, klare Grenzen zwischen Arbeits- und Privatleben zu ziehen, um das eigene Wohlbefinden zu schützen. In schwierigen Momenten gibt mir meine Familie Halt und Unterstützung.

Mit der Zeit entwickelt man eine sachlichere Perspektive zum Thema Abschied, und man betrachtet es eher als Erlösung für die Verstorbenen. Dennoch bleibt die individuelle Beziehung zu den BewohnerInnen stets ein einzigartiger Faktor, welcher Einfühlungsvermögen, Resilienz und einen respektvollen Umgang mit den eigenen Emotionen erfordert, um in der Pflege langfristig effektiv und ausgeglichen agieren zu können.

Welche Herausforderungen sehen Sie in der Pflege älterer Menschen – heute und in der Zukunft? 

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der palliativen Pflege, die zunehmend an Bedeutung gewinnt. Aufgrund der Tatsache, dass Menschen heutzutage länger alleine wohnen als früher, wird die Begleitung auf ihrem letzten Weg immer wichtiger. Hierfür haben wir, zusätzlich zu unseren ausgebildeten Palliativfachkräften,  eine Kooperation mit dem palliativärztlichen Dienst Dortmund etabliert, um eine umfassende palliative Betreuung zu gewährleisten.

In den letzten Jahren wurde die Anerkennung der Pflege gestärkt. Dies trägt dazu bei, qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen und die Qualität der Pflege insgesamt zu verbessern. Es ist entscheidend, dass diese positive Entwicklung auch in Zukunft unterstützt wird, um den steigenden Anforderungen in der Pflege älterer Menschen gerecht zu werden. Schließlich ist diese Aufgabe Beruf und Berufung zugleich.

Wie stehen Sie zum Einsatz innovativer Technologien? Stellen sie ein Entlastungspotenzial dar oder sehen Sie diese Entwicklungen als Gefahr?

Ein konkretes Beispiel aus unserer Einrichtung ist die Nutzung der Memore-Box, vergleichbar mit einer Wii, jedoch ohne Controller. Diese Spiele ermöglichen Balance-Training sowie kognitive Übungen für die BewohnerInnen, die diese Technologie sehr lieben. Solche innovativen Ansätze tragen dazu bei, die Lebensqualität der BewohnerInnen zu verbessern und ihre körperliche Aktivität zu fördern.

Die Digitalisierung bietet uns als Pflegeeinrichtung ebenfalls ein enormes Entlastungspotenzial, sei es in der Organisation von Abläufen, der Dokumentation oder der Kommunikation mit anderen Gesundheitsdienstleistern

Trotz dieser positiven Aspekte ist es wichtig zu betonen, dass technologische Entwicklungen die persönliche und einfühlsame Betreuung nicht ersetzen können. Empathie ist eine menschliche Qualität, die sich schwerlich programmieren lässt. Daher betrachte ich innovative Technologien als wertvolle Ergänzung, jedoch nicht als Ersatz für die zwischenmenschliche Beziehung und Fürsorge in der Pflege älterer Menschen.

*Gabriele Goßmann hat vor einiger Zeit zum Team der Buchhandlung am Amtshaus in Mengede gehört. Sie absolvierte dort eine Ausbildung als Buchhändlerin. Vorher hat sie studiert und das Studium mit einem Masterabschluss in Germanistik und Geschichte erfolgreich beendet. Vor gut drei Jahren ist ihr lesenswertes erstes Buch erschienen, das wir auf MIT am 1.2.20 ausführlich besprochen haben. Das Erstlingswerk Biblio Berry hat sie unter dem Pseudonym Valentina Wunderlich veröffentlicht.
Derzeit arbeitet sie als medizinische Fachredakteurin und Content Creatorin für Social Media bei einem Homecare-Unternehmen. Privat beschäftigt sie sich weiterhin viel mit Literatur. (K.N.) Fotos: K.N.

MENGEDE:InTakt! hat Gabriele Jürgens gebeten, den (aktualisierten) Fragebogen von Marcel Proust**auszufüllen. Hier ist das Ergebnis:  

Ihr Motto/Leitspruch?
Das Leben ist wie eine Pralinenschachtel, man weiß nie was man bekommt

Ihr Hauptcharakterzug?
ehrlich

Welche natürliche Gabe möchten Sie besitzen?
?

Was verabscheuen Sie am meisten?
Rassismus

Ihr Interesse an Politik?
?

Glauben Sie Gott sei eine Erfindung des Menschen?
Ich glaube an Gott

Welche Reform/Erfindung bewundern Sie am meisten?
?

Mit wem möchten Sie an einer Hotelbar ein Glas Wein trinken und dabei worüber reden?
Es gibt viele Menschen mit denen ich über viele Dinge des Lebens reden würde

3 Dinge, die Sie mit auf eine einsame Insel nehmen würden?
meine Familie und das sind mehr als 3

Sommer oder Winter?
Eigentlich Sommer, aber Adventszeit/Weihnachten ist mir sehr wichtig

Ihre Hobbies?
Lesen, Familie

Film oder Buch?
je nach Zeit und Stimmung

Welchen Film haben Sie zuletzt gesehen?
Ein ganzes halbes Jahr

Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?
Petticoat und große Freiheit

Ihre Lieblingsmusik?
offen für alles

Ihre Lieblingsblume?
Rose

Ihr Lieblingstier?
mein Hund und Erdmännchen

Essen & Trinken hält Leib und Seele zusammen – auch bei Ihnen? Wenn ja, was ist es?
keine besonderen Vorlieben

 ** Der Fragebogen von Marcel Proust
Was denken und fühlen bekannte Zeitgenossen? Diese Fragen faszinierten die Menschen schon immer. Vorbild für diese Fragen ist der wohl bekannteste Fragebogen, der den Namen des französischen Schriftstellers Marcel Proust (1871-1922) trägt. Dieser hat ihn aber nicht entworfen, sondern nur ausgefüllt, das heisst, genau genommen sogar zweimal: Einmal als 13-jähriger auf einer Geburtstagsparty. Dann im Alter von etwa 20 Jahren einen ähnlichen Fragebogen, dem er selber den Titel «Marcel Proust par lui-même» («Marcel Proust über sich selbst») gab. Berühmt wurden die Fragen durch Publikationen z. B. in der FAZ.
MENGEDE:InTakt! hat den Fragebogen aktualisiert.