Intensiver Blick auf die Folgen der Flucht

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Andreas Langfeld

Schaufenster-Ausstellung im Museum Ostwall  zeigt Fotos von Andreas Langfeld

Immer schon sind Millionen Menschen auf der Flucht. Neu ist, dass sie es zu „uns“ schaffen. Bekanntlich nahm diese Fluchtbewegung im Jahr 2015 krisenhafte Zustände an.

Verursacht durch den Bürgerkrieg in Syrien, durch Hunger, Unterdrückung und IS-Terror sind nach Schätzungen des UN-Flüchtlingshochkommissariats im Jahr 2015 mehr als eine halbe Million nach Europa geflohen. Vor diesem Hintergrund ist diese Ausstellung besonders aktuell. Sie wird am 11.Februar um 18.30 eröffnet, und ist dann vom 12.Februar bis zum 12. Juni 2016 im „Schaufenster“ des Museums Ostwall im Dortmunder U zu sehen.

Gezeigt werden in der Dortmunder Ausstellung Arbeiten des 1984 in Düsseldorf geborenen Fotografen Andreas Langfeld aus seiner Serie „Status“. Seine Motive hat Andreas Langfeld gefunden, als er im Jahr 2013 Menschen besuchte, deren Aufenthaltsstatus in Deutschland „nicht anerkannt“ ist: Geflüchtete im Hamburger Kirchenasyl, AktivistInnen des „Refugee Strike“ in Berlin und Roma, die jahrelang im Status der Duldung in Duisburg leben. „Seine Fotos zeigen den Ausnahmezustand: Menschen, deren Leben von Unsicherheit und Langeweile, aber auch von politischen Kämpfen, Selbstorganisation und ganz alltäglichen Gewohnheiten geprägt sind.“ (Dr. Nicole Grothe, Kuratorin der Ausstellung und Leiterin der Sammlung des Museums Ostwall)

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Foto: Andreas Langfeld

In Berlin begleitete Langfeld über mehrere Wochen hinweg Geflüchtete, die mit Demonstrationen, mit einem Camp auf dem Oranienplatz und einem Hungerstreik vor dem Brandenburger Tor grundlegende Rechte für sich einforderten. Wie ein Mahnmal wirkt in diesem Zusammenhang die Bühne des „Refugee Tribuals“, bei dem Geflüchtete aus verschiedenen Ländern die Mitverantwortung Deutschlands an Fluchtursachen, die europäische Flüchtlings- und Asylpolitik sowie den Umgang mit MigrantInnen in Deutschland kritisierten.

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Foto: Andreas Langfeld

In Hamburg besuchte Langfeld Geflüchtete der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“, in Duisburg Roma-Familien, die sich trotz permanent drohender Abschiebung ein Leben aufgebaut haben.

Die gesamte Serie „Status“ umfasst 335 Einzelarbeiten. In Dortmund sind im „Museum Ostwall im Dortmunder U“ nur ein kleinerer, aber nicht minder eindrucksvoller Teil dieser Arbeiten zu sehen. Langfeld zeigt die geflüchteten Menschen im Alltag, zeigt deren Familienleben, ihre politischen Aktionen und gibt denjenigen ein Gesicht, über die derzeit mit nur in Zahlen gesprochen wird. Dabei hat er sich Zeit für seine Fotografien genommen, Zeit und Geduld, die heute offenbar kaum noch vorhanden ist.  Die Formate der Fotos und die Art ihrer Hängung deckt sich mit diesen Absichten. Sie wirken zunächst unspektakulär, versuchen aber in verschiedenen Serien die alltäglichenLebenssituationen  der Flüchtlinge nachhaltig zu vermitteln.

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Foto: Andreas Langfeld

Gefragt, ob der jetzige Ansturm der Flüchtlinge ihn überrascht habe, antwortet Andreas Langfeld: „Wer sich mit den Ursachen der Flucht ernsthaft auseinandergesetzt hat, musste wissen, dass es nicht gelingen kann, die Flüchtlinge von Europas Grenzen fernzuhalten.“

Seiner Ausstellung hat er ein Zitat aus Bertholt Brechts „Flüchtlingsgesprächen“ aus dem Jahr 1961 vorangestellt, das an Aktualität nichts verloren hat:

„Der Pass ist der edelste Teil von einem Menschen. Er kommt auch nicht auf so eine einfache Weise zustande wie ein Mensch. Ein Mensch kann überall zustande kommen, auf die leichtsinnigste Art und ohne gescheiten Grund, aber ein Pass niemals. Dafür wird er auch anerkannt, wenn er gut ist, während ein Mensch noch so gut sein kann und doch nicht anerkannt wird.“

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Foto: Andreas Langfeld