Der Untertan – Eine Kolumne von Peter Grohmann

Peter Grohmann

Der Untertan

Von Peter Grohmann

The times, they are changin’ oder wie der Russe gern sagt: Времена, они меняются – also Vremena, oni menyayutsya! Nichts ist sicher, das wußte schon Josef Stalin, der regelmäßig in einer kleinen schmucken Kapelle im Kreml betete, nur mit einem Siegelring und bekleidet und von einem Leibwächter begleitet. Auch Wladimir Iljitsch Putin, mein Lieblingsgangster nach Donald Trump, ist ein gern gesehener Bet-Bruder bei den kommunistischen Orthodoxen: Mal betet er für schönes Wetter am 8. Mai, mal für den Endsieg, mal bittet er den lieben Gott, dass nichts rauskommt wie jetzt bei seinem Blutsbruder Sergej Schoigu, dem alten Halunken!

Der soll Millionen gescheffelt haben – ein Hand wächst die andere – kommt aber momentan nicht mehr ans Geld in der Fremde ran, weil er auf der EU-Sanktionsliste steht. Ich sag‘ immer: Immobilien sind sicherer. Und Zahngold.

Was Russland angeht, jetzt mal ganz unter uns: Ich würde alle entlassen, aber niemals meinen Verteidigungsminister! Der neue Mann für Drohnen, Krankenhäuser und Schulen (nein, nicht in Gaza) heißt Andrei Remowitsch Beloussow und ist 20 Jahre jünger als ich. Er gilt als Experte für Mensch-Maschine-Systeme. Das klingt schon mal fortschrittlich und lässt Kritische Intelligenz vermuten – was für Untertanen. 

Meine Omi Glimbzsch in Zittau hat übrigens in der guten alten Zeit (also DDR) gern vom Brudervolk gesprochen und wechselte die Straßenseite, wenn ihr ein Russe entgegenkam – nicht ahnend, dass es in der UdSSR einst 160 Brudervölker gab. Von den Brüdern haben inzwischen auch viele die Straßenseiten gewechselt, sie wollten keine Untertanen mehr sein.
Erst nach der Befreiung vom Faschismus kam übrigens raus, dass im brutalen Angriffskrieg der Deutschen rund 27 Millionen Russen ihr Leben verloren. Insgesamt waren es 60 Millionen, übrigens alles Menschen. Ich find’s richtig, in diesen Zeiten von Angriff, Verteidigung und Meinungsfreiheit daran zu erinnern, ganz vorsichtig natürlich. Heute hier, morgen dort, wie Hannes Wader weiss. Aber es ist eben doch ein Fehler, „Nie nach Gestern und Morgen gefragt“ zu haben.

Heinrich Mann (1871 – 1950), der mit dem Untertan, trotzte seinem Vater, verteidigte die Weimarer Republik und kämpfte gegen die Nazis. Solche braucht’s heute mehr und mehr und mehr, damit wir nicht resignieren. Und Satire, die ins Auge geht.

Peter Grohmann * ist Kabarettist und Koordinator der AnStifter. Wir danken ihm für die Zustimmung zum Abdruck dieser Kolumne.
* peter-grohmann@die-anstifter.de