MIT befragt Bundes- und LandespolitikerInnen vor Ort

MIT fragt Jens Peick –

Foto: Wahlkreisbüro Jens Peick

MdB der SPD-Fraktion und Vorsitzender der Dortmunder SPD

Vorbemerkungen:
Im Sommer 23 war Jens Peick im SPD-Stadtbezirk Mengede zu Besuch.
MIT hat über den Besuch berichtet und die Frage gestellt, warum sich – nach den äußeren Eindrücken wohlgemerkt – nur wenige Marktbesucher getraut haben, auf Jens Peick zuzugehen und spontan oder gut vorbereitet aktuelle Fragen zu stellen.
Daraus entwickelte sich die Idee, den Abgeordneten, zu deren Wahlkreis der Stadtbezirk Mengede zählt, Gelegenheit zu geben, ausführlich über ihre Arbeit zu berichten – und das nicht nur vor den Wahlen. Wir starteten die Serie mit Jens Peick. Er hat uns auf den Gedanken gebracht –  er war mutig genug, sich auf das Experiment einzulassen.

Eröffnet haben wir die Serie mit einem Interview, das wir am 3.10.23 auf MIT veröffentlicht haben. Weitere Veröffentlichungen hat es danach inzwischen gegeben. Das Thema heute: Der Klimasoli 

 MENGEDE:InTakt!:
Die zunehmenden finanziellen Kosten des Klimawandels werden die Staaten-Gemeinschaften zusehends belasten.
Die Politik ist gefordert, Pläne zur Finanzierung des Wandels zu entwickeln.
Eine Überlegung könnte sein, die Finanzierung über einen Solidaritätszuschlag vorzunehmen. 

Ähnlich wie der Solidaritätszuschlag, der in den 1990er-Jahren für den Wiederaufbau Ostdeutschlands eingeführt wurde, könnte ein Klimasoli zur Finanzierung der Kosten beitragen. Er könnte z.B. drei % der Einkommenssteuer betragen und auf diesem Wege jährlich ca. 25 Milliarden Euro erbringen.

ANTWORT VON JENS PEICK:

Bevor ich die Kostenfrage erläutere, möchte ich zunächst kurz darauf eingehen, was wir für einen wirksamen und sozialgerechten Klimaschutz tun. 

Auf Initiative der SPD wurde 2019 das Klimaschutzgesetz (KSG) beschlossen. Zum ersten Mal wurden Klimaziele gesetzlich fixiert. Es beinhaltete jährliche Emissionsminderungsziele bis 2030 sowie maximale jährliche Emissionsmengen für CO2-intensive Sektoren. Im Koalitionsvertrag hat sich die Ampel darauf verständigt, das KSG weiterzuentwickeln. Im September 2023 hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Reform des KSG in den Bundestag eingebracht. In den vergangenen Jahren hat Deutschland seinen Treibhausgasausstoß deutlich reduziert. In Bereichen wie Gebäude und Verkehr sind die Emissionen allerdings kaum zurückgegangen. Mit der Reform machen wir das Klimaschutzgesetz wirksamer. Indem künftig die erwarteten und nicht die letztjährigen Emissionen ausschlaggebend für Maßnahmen sind, können wir uns stärker auf mittelfristig wirksame Maßnahmen konzentrieren und sind nicht mehr darauf angewiesen, durch teure Sofortprogramme kurzfristig nachzusteuern. Zugleich sorgen wir dafür, dass die Verantwortung für den Klimaschutz noch stärker als eine Querschnittsaufgabe der Bundesregierung angesehen wird.

Nun zu der Frage, wie wir die Maßnahmen gegen den Klimawandel finanzieren könnten: 

Einen über die Erhöhung der Einkommenssteuer finanzierten Klimasoli halte ich für gesellschaftlich schwer vermittelbar. Dadurch müssten Menschen, die bereits jetzt stark auf ihren ökologischen Fußabdruck achten und beispielsweise bewusst Energie sparen und viel das Fahrrad nehmen gleichermaßen zahlen wie Menschen, die gar nicht darauf achten und immer nur das Auto nehmen. Das wäre nicht sehr motivierend, sich mit dem eigenen Lebensstil auseinander zu setzen. Gleichzeitig halte ich es auch nicht für sozial gerecht, dass Menschen, die ohne Auto nicht an ihren Arbeitsplatz kommen, dafür bestraft werden. 

Es ist also richtig, dass der Staat die Kosten für Klimaschutzmaßnahmen trägt und so war es von uns auch geplant. Nach einer Klage der CDU/CSU und dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, nach welchem in der Coronakrise nicht verwendete Notlagenkredite nicht für den Klima- und Transformationsfonds verwendet werden dürfen, musste der Bundeshaushalt 2024 neu justiert werden. Das Problem ist die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse. Diese verbietet eine strukturelle Neuverschuldung von Bund und Ländern bzw. schränkt sie stark ein. Damit soll vor dem Hintergrund des demografischen Wandels verhindert werden, dass zukünftige Generationen alte Schulden abtragen müssen.

Als Sozialdemokraten begreifen wir die Bekämpfung des Klimawandels, ebenso wie die digitale und industrielle Transformation und den Ausbau einer zukunftsgerichteten Infrastruktur als Generationenaufgaben. Für uns ist klar: Generationengerechtigkeit darauf zu reduzieren, nachfolgenden Generationen keine Schulden zu hinterlassen, greift deutlich zu kurz. Generationensolidarität ist für uns eine Frage der Verteilungs- und Chancengerechtigkeit. Die Schuldenbremse in ihrer jetzigen Form ist nicht mehr zeitgemäß. Die derzeit starren Regeln sind ein Wohlstandsrisiko für jetzige und kommende Generationen, indem sie nicht genügend Spielräume für starke Zukunftsinvestitionen ermöglichen, die wir dringend brauchen.

Zudem haben wir in Deutschland eine klaffende, stetig wachsende Vermögensungleichheit. Einzelne Menschen sitzen auf unfassbar viel, meist geerbtem Geld und zahlen darauf verhältnismäßig wenig Steuern. Und das während andere von ihrem Einkommen große Teile für Miete und Lebensmittel ausgeben und nur wenig zurücklegen können. Vor dem Hintergrund, dass gerade diese vermögenden Menschen den Klimawandel durch ihren Lebensstil maßgeblich befördern, sollte man sie auch stärker an den Kosten beteiligen, beispielsweise durch eine Reform der Vermögens- oder Erbschaftssteuer.