Rund 360 Kilometer an Rad- und Fußwegen haben die Emschergenossenschaft und ihre Mitgliedskommunen bereits gebaut. Ein Archiv-Fundstück aus den 1980er-Jahren zeigt jedoch auch, dass der Verband zunächst nur äußerst widerwillig zur Öffnung von Wegen bereit
„Die Emschergenossenschaft hält eine Erschließung der Emscher, die ungereinigtes Abwasser abführt und nicht immer frei von Gerüchen ist, für Erholungszwecke für bedenklich. Auch aus hygienischen Gründen sowie wegen der mit dem Betreten verbundenen Gefahren erscheint es ihr nicht sinnvoll, die Bevölkerung ohne zwingenden Grund zu abwasserführenden Vorflutern hinzuleiten“, schrieb die Emschergenossenschaft im März 1988 tatsächlich als Einleitung in einem Gestattungsvertrag mit der Stadt Recklinghausen.
Die Kommune war seinerzeit mit dem Vorschlag auf die Emschergenossenschaft zugekommen, den Betriebsweg auf der Nordseite der Emscher in Teilbereichen als Wanderweg für Spazierende und Radfahrende zu nutzen – und stieß beim ersten und ältesten Wasserwirtschaftsverband Deutschlands nicht unbedingt auf Gegenliebe. Gleichwohl besaß die Emschergenossenschaft seit ihrer Gründung im Jahr 1899 ein Grundverständnis als technischer Dienstleister ihrer Mitglieder – weswegen sie sich schließlich den Wünschen der Stadt nicht gänzlich verschloss und, wie es auch schriftlich fixiert wurde, „mit erheblichen Bedenken und unter Bedingungen“ bereit war, den angegebenen Bereich zur Nutzung durch die Bevölkerung freizugeben.
Emscher-Weg von Holzwickede bis Dinslaken
Spätestens nach Beginn des Umbaus der Emscher und ihrer Nebenläufe Anfang der 1990er-Jahre erkannten immer mehr Städte die positiven Mehrwerte der Wasserwirtschaft für die städtebauliche Entwicklung in den Anrainer-Kommunen. Auch innerhalb der Emschergenossenschaft setzte ein Struktur-Wandel ein. „Wir bringen die Natur zurück an unsere Flüsse und wollen gemeinsam mit unseren Mitgliedskommunen auch für die Menschen Mehrwerte schaffen – die entsprechenden Infrastrukturen für eine nachhaltige Nahmobilität sind dabei nur ein Beispiel. Rund 360 Kilometer an Radwegen sind bereits entstanden, viele weitere Kilometer werden in den kommenden Jahren noch folgen“, sagt Prof. Dr. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender der Emschergenossenschaft.
Der Emscher-Weg als zentrale Verbindungsachse zwischen der Quelle in Holzwickede und der Mündung bei Dinslaken/Voerde ist über rund 100 Kilometer durchgängig befahrbar – wenn auch aktuell noch aufgrund der zahlreichen Baumaßnahmen an der Emscher mit der ein oder anderen Umleitung.
Emscher-Promenade in Castrop-Rauxel, Recklinghausen, Herne und Herten
Im Abschnitt von Castrop-Rauxel über Recklinghausen und Herne bis nach Herten hat die Emschergenossenschaft gemeinsam mit den Kommunen im Rahmen des Projektes „Emscherland“ auf einer Länge von 18 Kilometern zahlreiche Erlebnisstandorte geschaffen: Emscher-Balkone, Rast- und Spielplätze sowie Brücken und Unterführungen laden an der Emscher-Promenade zum Entdecken, Genießen und Verweilen ein.
Berne-Route in Essen und Bottrop
Entlang der Berne-Route in Essen und Bottrop sind attraktive Wege an Berne und Stoppenberger Bach entstanden, die eine blaugrüne Verbindung vom Neuen Emschertal bis ins Ruhrtal ermöglichen. Die wichtigste durchgängige Wegeverbindung der Berne-Route verläuft über 8,7 Kilometer von der nördlichen Stadtmitte Essens bis zur Stadtgrenze nach Bottrop, wo sie schließlich an der Berne-Mündung im Bereich des BerneParks endet.
City-Trail in Bottrop und Gladbeck
Mit dem City-Trail hat die Emschergenossenschaft gemeinsam mit den Städten Bottrop und Gladbeck eine Verbindung zwischen den beiden Emscher-Kommunen geschaffen. Die Route führt über 9,7 Kilometer vom Rathaus in Bottrop entlang an Kirchschemmsbach, Boye, Haarbach und Wittringer Mühlenbach bis zum historischen Rathaus in Gladbeck.
Wasserroute in Essen
Der Radfernweg zwischen dem Rhein-Herne-Kanal und der Emscher in Essen-Dellwig und der Ruhr im Süden durchquert flussnah das Ruhrgebiet, die Landschaft wechselt dabei stetig von Flusslandschaften zu Industriekultur. Eine flache und familienfreundliche Route mit teilweise asphaltierter Oberfläche lädt über 20,4 Kilometer zum Radeln ein.
Ökologische Schwerpunkte plus Erlebensstandorte
Die Radwege entlang der Emscher und ihrer Nebenläufe verbinden als blaugrünes Band die zahlreichen ökologischen Schwerpunkte und Erlebensstandorte an der Emscher: beginnend beim Emscherquellhof in Holzwickede über den Phoenix See in Dortmund-Hörde, den Hof Emscher-Auen an der Stadtgrenze Dortmund/Castrop-Rauxel, das imposante Brückenbauwerk „Sprung über die Emscher“ am Wasserkreuz in Castrop-Rauxel (Eröffnung am 30. September), den Natur- und Wasser-Erlebnis-Park an der Stadtgrenze Castrop-Rauxel/Recklinghausen, die Emscher-Promenade bis nach Herten, die zahlreichen Kunstwerke entlang der Emscher, den BernePark in Bottrop-Ebel bis hin zum Hof Emscher-Mündung am Rhein bei Dinslaken und Voerde – um nur einige Beispiele zu nennen.
Mit Blick auf den Vertragstext aus dem Jahr 1988 würde die Emschergenossenschaft heute, im 125. Jahr ihres Bestehens, die Situation sicherlich wie folgt formulieren: „Die Emschergenossenschaft hält eine Erschließung der Emscher, die vollständig vom Abwasser befreit ist, zu Erholungszwecken für Spazierende und Radfahrende für empfehlenswert!“
Weitere Informationen zu den Radrouten der Emschergenossenschaft und auch des Lippeverbandes gibt es im Internet auf https://radrouten.eglv.de/.
125 Jahre Emschergenossenschaft
Die Emschergenossenschaft feiert in diesem Jahr ihr 125-jähriges Bestehen. Am 14. Dezember 1899 als erster deutscher Wasserwirtschaftsverband gegründet, ist die Emschergenossenschaft heute gemeinsam mit dem 1926 gegründeten Lippeverband Deutschlands größter Betreiber von Kläranlagen und Pumpwerken. Die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Unternehmens sind die Abwasserentsorgung, der Hochwasserschutz sowie die Klimafolgenanpassung. Ihr bekanntestes Projekt ist der Emscher-Umbau (1992-2021), bei dem die Emschergenossenschaft im Herzen des Ruhrgebietes eine moderne Abwasserinfrastruktur baute. Dafür wurden 436 Kilometer an neuen unterirdischen Abwasserkanälen verlegt und vier Großkläranlagen gebaut. Rund 340 Kilometer an Gewässern werden insgesamt renaturiert. Parallel entstanden über 130 Kilometer an Rad- und Fußwegen, die das neue blaugrüne Leben an der Emscher und ihren Nebenläufen erleb- und erfahrbar machen.
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