Brückenbauer für die Region

Brückenbauwerk “Sprung über die Emscher”
Das Brückenbauwerk “Sprung über die Emscher” in Castrop-Rauxel – hier zu sehen im Frühjahr 2024 – wird am 30. September eingeweiht.
© Rupert Oberhäuser/EGLV

125 Jahre Emschergenossenschaft: Der Wasserwirtschaftsverband besitzt und betreibt über 300 Brückenbauwerke an der Emscher – darunter auch bei den Bürgerinnen und Bürgern äußerst beliebte Fotomotive

Mit dem „Sprung über die Emscher“ in Castrop-Rauxel weiht die Emschergenossenschaft am 30. September eine architektonisch einzigartige Brücke ein. Es ist nicht die einzige Querung, die der Wasserwirtschaftsverband besitzt: Mit über 300 Brücken gehört der Emschergenossenschaft eine große Spannbreite an Verbindungsbauwerken – dazu zählt neben dem „Sprung über die Emscher“ unter anderem auch die weit über die Region hinaus bekannte Emscherkunst-Brücke „Slinky Springs to Fame“ des Künstlers Tobias Rehberger in Oberhausen. Eines haben alle Bauten gemeinsam: Im regelmäßigen Turnus werden sie von der Emschergenossenschaft kontrolliert und instandgesetzt, damit sie auch künftig zuverlässige Überquerungen ermöglichen.

Slinky Springs to Fame
© Kirsten Neumann/EGLV
Die von Tobias Rehberger konzipierte Brücke “Slinky Springs to Fame” in Oberhausen entstand im Zuge der Emscherkunst-Ausstellung. Sie führt von der Emscher-Insel über den Rhein-Herne-Kanal zum Kaisergarten.

Brücken sind ein sicherer Übergang von einem Ufer ans andere. Sie verbinden die Quartiere am Fluss sowie die dort lebenden Menschen miteinander. Dass von der Emschergenossenschaft in den vergangenen 125 Jahren so viele Brücken gebaut wurden, hat maßgeblich auch mit der Geschichte und dem Schicksal der Emscher zu tun: Infolge des Ausbaus des Flusses zu einem offenen Schmutzwasserlauf wurde das Gewässer vielerorts begradigt und verkürzt, mehrfach erhielt die Emscher sogar eine völlig neue Trasse: Weite Teile Oberhausens sowie der Stadt Dinslaken wurden zum Beispiel erst in der Mitte des 20. Jahrhunderts Teil des Emscher-Gebietes, nachdem die Mündung der Emscher in den Rhein 1949 von Duisburg nach Dinslaken verlegt wurde. Ganze Stadtteile wurden von den neuen Flussverläufen durchzogen – folglich mussten zahlreiche Brückenbauwerke errichtet werden, um die von der Emscher voneinander getrennten Stadtteile wieder miteinander zu verbinden.

Slinky Springs to Fame
© EGLV

Unverzichtbare Infrastruktur für das öffentliche Leben
Bis heute besitzt und betreibt die Emschergenossenschaft über 300 Brücken – an der Emscher sowie an den Nebenläufen. Regelmäßig werden sie kontrolliert und im Bedarfsfall saniert oder auch komplett erneuert, damit auch künftig eine zuverlässige und vor allem sichere Überquerung von Flüssen oder Bächen ermöglicht wird. Kürzlich erst rückte der Teil-Einsturz der Carola-Brücke in Dresden die Bedeutung der für das öffentliche Leben unverzichtbaren Infrastruktur ins Bewusstsein der Bevölkerung. Insbesondere ältere Brücken sind kaum für heutige Belastungen durch den Straßenverkehr geeignet, wie zum Beispiel die Talbrücke Rahmede bei Lüdenscheid im Sauerland zeigte: Diese musste gesprengt werden, an gleicher Stelle entsteht derzeit eine neue Brücke. Der Umleitungsverkehr bedeutet für die umliegenden Städte und Gemeinden sowie für Pendler*innen und den Lieferverkehr eine enorme Belastung.

„Die Brücken in unserem Bestand werden regelmäßig kontrolliert, gewartet und saniert, um die Sicherheit und den Bestand dauerhaft zu gewährleisten“, sagt Dr. Frank Obenaus, Technischer Vorstand der Emschergenossenschaft. Jährlich findet eine Sichtprüfung statt. Alle drei Jahre steht eine einfache Prüfung an, alle sechs Jahre eine sogenannte Hauptprüfung. Die Brücken in der Zuständigkeit der Emschergenossenschaft werden intensiv beobachtet, teilweise auch über die rechtlichen Vorgaben hinaus. „Die regelmäßige Prüfung und Instandhaltung solcher sensiblen Teile der öffentlichen Infrastruktur dürfen nicht vernachlässigt werden“, sagt Dr. Obenaus.

Aktuelle Maßnahmen im Emscher-Gebiet
In der Emscher-Region stehen aktuell einige Brücken-Sanierungen und Neubauten an oder sind bereits voll im Gange: Aktuell wird zum Beispiel die Brücke an der Theodor-Körner-Straße über dem Hellbach in Recklinghausen instandgesetzt. Noch im September soll für die Brücke an der Paul-Gerhardt-Straße in Herne ein Provisorium errichtet werden, da das mittlerweile 111 Jahre alte Bauwerk abgerissen und neu errichtet wird.

In direkter Nachbarschaft zum „Sprung über die Emscher“ am Wasserkreuz in Castrop-Rauxel wird ab dem ersten Halbjahr 2025 die Brücke an der Wartburgstraße in enger Kooperation mit dem Kreis Recklinghausen erneuert – eine hochfrequentierte Auto-, Fahrrad- und Fußgängerbrücke, die die Stadtteile Habinghorst/Henrichenburg mit Becklem verbindet. Sie wird um vier Meter von 10,70 auf 14,70 Meter verbreitert. Da eine Sanierung der ursprünglich 1911 errichteten und 1950/1951 nach dem 2. Weltkrieg neu aufgebauten Brücke nicht mehr möglich ist, wird auch sie durch eine neue ersetzt.

Brücke Hagelstraße in Dinslaken
© Andreas Fritsche/EGLV

Auch im übertragenen Sinne ein „Brückenbauer“
„Als technischer Infrastruktur-Dienstleister für unsere Mitglieder, darunter Kreise und Kommunen, stimmen wir alle Maßnahmen an unseren Brückenbauwerken immer eng mit unseren Partnern ab. Dabei nutzen wir Synergien und ermöglichen dadurch, wie im kommenden Jahr an der Wartburgstraße in Castrop-Rauxel, einen reibungsloseren und kürzeren Bauablauf auf sehr beengtem Raum“, sagt Prof. Dr. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender der Emschergenossenschaft.

Auch im übertragenen Sinne, fernab der technischen Querungs-Infrastrukturen, versteht sich die Emschergenossenschaft im 125. Jahr ihres Bestehens als „Brückenbauer“ im Rahmen der sozial-ökologischen Transformation dieser Region – für den nachhaltigen Übergang in eine blaugrüne Zukunft: „Als Impulsgeber für Kooperationen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels bauen wir als  Emschergenossenschaft sprichwörtlich Brücken und führen Menschen und Interessensgruppen zueinander“, sagt Uli Paetzel.

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Zwei besondere Brückenbauwerke
Der Großteil der von der Emschergenossenschaft betriebenen Brücken erscheint eher unauffällig. Ganz anders dagegen wirkt die nach einem Entwurf des Künstlers Tobias Rehberger gebaute Spiralen-Brücke „Slinky Springs to Fame“ in Oberhausen: Sie wurde im Zuge der Emscherkunst-Ausstellung 2010 gebaut und verbindet die Emscher-Insel mit dem Oberhausener Kaisergarten. Inspiriert wurde die 406 Meter lange Brücke von dem Spielzeug „Slinky“ – einer Spirale, die Treppenstufen runterhüpfen kann. Der bunte Belag der Brücke wird nachts angeleuchtet, was das Bauwerk farbenfroh erstrahlen lässt. „Slinky Springs to Fame“ besitzt rund 500 (!) Spiralringe und ist mittlerweile ein etabliertes Wahrzeichen der Stadt Oberhausen sowie eines der beliebtesten Fotomotive des Ruhrgebietes.

Während die „Slinky“-Brücke im Westen der Emscher die Tourist*innen begeistert, übernimmt im Osten diese Aufgabe ab dem 30. September der „Sprung über die Emscher“: Am Wasserkreuz in Castrop-Rauxel, unmittelbar an der Stadtgrenze zu Recklinghausen, haben die Emschergenossenschaft und die Stadt Castrop-Rauxel in den vergangenen Jahren ein beeindruckendes Brückenbauwerk geschaffen, das als städtebauliches Ausrufezeichen den Wandel in der Region durch das Generationenprojekt Emscher-Umbau symbolisiert. Über eine Gesamtlänge von zirka 415 Metern überzeugt der „Sprung über die Emscher“ – sowohl der Fluss als auch der Rhein-Herne-Kanal werden überquert – mit zahlreichen Aussichtspunkten für Fußgänger*innen und Fahrradfahrende.

Mit ihrem imposanten Stahlgewicht von 900 Tonnen verbindet die elegante Zügelgurtbrücke die Menschen aus den urbanen Quartieren mit dem idyllischen Natur- und Wasser-Erlebnis-Park „Emscherland“. Die beiden Hauptfelder des Brückenbauwerks werden von einem 12 Meter hohen Pylon getragen, der mit seinem einzigartigen Design hervorsticht und der Fahrrad- und Fußgängerbrücke das Potenzial verleiht, ebenso wie „Slinky“ ein beliebtes Fotomotiv in der Region zu werden. Die Einweihung findet am Nachmittag des 30. September statt.

125 Jahre Emschergenossenschaft
Die Emschergenossenschaft feiert in diesem Jahr ihr 125-jähriges Bestehen. Am 14. Dezember 1899 als erster deutscher Wasserwirtschaftsverband gegründet, ist die Emschergenossenschaft heute gemeinsam mit dem 1926 gegründeten Lippeverband Deutschlands größter Betreiber von Kläranlagen und Pumpwerken. Die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Unternehmens sind die Abwasserentsorgung, der Hochwasserschutz sowie die Klimafolgenanpassung. Ihr bekanntestes Projekt ist der Emscher-Umbau (1992-2021), bei dem die Emschergenossenschaft im Herzen des Ruhrgebietes eine moderne Abwasserinfrastruktur baute. Dafür wurden 436 Kilometer an neuen unterirdischen Abwasserkanälen verlegt und vier Großkläranlagen gebaut. Rund 340 Kilometer an Gewässern werden insgesamt renaturiert. Parallel entstanden über 130 Kilometer an Rad- und Fußwegen, die das neue blaugrüne Leben an der Emscher und ihren Nebenläufen erleb- und erfahrbar machen. www.eglv.de

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